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Angriffsdatum: 1. August 1996

ANDREAS GÖTZ

Andreas Götz wird 1962 in Greifswald geboren und lebt später in Eisenhüttenstadt. Er hat ein Kind, das 11 Jahre alt ist, als Andreas Götz getötet wird. Ansonsten ist uns über ihn leider nichts bekannt.

DIE TAT

Eine Gruppe rechter Jugendlicher schlägt und tritt Herrn Götz in der letzten Julinacht des Jahres 1996 so schwer zusammen, dass er stirbt.

Andreas Götz kommt zufällig an der 6-köpfigen Gruppe vorbei, die im Innenhof eines Neubaukomplexes zusammensitzt, viel Alkohol trinkt und sich lautstark unterhält. Zuvor haben sich Anwohner_innen schon vom Lärm der Gruppe belästigt gefühlt und die Polizei gerufen – der Aufforderung der Polizei, leiser zu sein, sind die Jugendlichen jedoch nicht nachgekommen, so spätere Zeugenaussagen der Nachbar_innen.

Als Andreas Götz vorbeikommt, fragen ihn die Jugendlichen nach Zigaretten. Dann schlagen und treten sie völlig aus dem Nichts heraus auf ihn ein, erbeuten 90 D-Mark sowie seine EC-Karte und erpressen vom ihm die dazugehörige PIN. Zwei der Täter_innen gehen sofort mit der Geldkarte zu einer nahegelegenen Tankstelle, um damit am Automaten Geld abzuheben. Dort wird einer der Täter_innen später von der Polizei festgenommen.

In der Zwischenzeit treten und schlagen die anderen Andreas Götz noch weiter. Einer aus der Gruppe ist besonders brutal. Er schleift Herrn Götz an den Haaren zu einer Bank. Dort tritt er ihm gezielt mit dem Schuh ins Gesicht. Zwei Jugendliche rufen den Notarzt und verstecken sich anschließend in einem nahe gelegenen Busch, um den Notarzteinsatz zu verfolgen. Sie werden entdeckt, weil eine von ihnen lachen muss. Dennoch können sie vom Tatort fliehen.

Der Notarzt kann Andreas Götz nicht mehr helfen. Gegen 1 Uhr nachts, am 1. August 1996, stellt er dessen Tod fest. [1]

DAS VERFAHREN

Im April 1998 verurteilt das Landgericht Frankfurt (Oder) fünf der sechs Täter_innen wegen räuberischer Erpressung mit Todesfolge. Einer erhält außerdem eine Verurteilung wegen vorsätzlichen Vollrauschs. Nach einer erfolgreichen Revision der Staatsanwaltschaft wird das Strafmaß geändert. Das Urteil wird um Menschenraub erweitert. Die Täter_innen erhalten alle zwischen drei Jahren und siebeneinhalb Jahren Jugendhaft.

Das Gericht wertet die Tötung von Andreas Götz als spontane Tat. Dem Haupttäter wird eine „gewaltbereite Grundeinstellung“ [2] angelastet, die sich auch in der Untersuchungshaft gezeigt habe. Dort soll er einen Mitgefangenen angegriffen haben.

Fünf der sechs Täter_innen gehören zur Tatzeit zur rechten Szene oder haben zu ihr enge Verbindungen. Sie tragen vor Gericht Springerstiefel, kurze Haare und Bomberjacke. Zwei von ihnen sind bereits wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verurteilt. Auch später in der Haft wird ein rechter Hintergrund deutlich. Mehrere verurteilte Jugendliche thematisieren in Anträgen auf vorzeitige Entlassung ihre (angebliche) Abkehr von der der alten rechten Clique. Zwei  junge Frauen aus der Gruppe bekennen sich hingegen auch im Gefängnis weiter zur rechten Szene und halten zu ihr Kontakt.

Andreas Götz gehört nicht zu einer der typischen Opfergruppen von Neonazis. Laut dem Forschungsbericht des Moses Mendelssohn Zentrums (MMZ) gibt es in den Ermittlungsakten und im Gerichtsurteil keinen Hinweis, dass die Täter_innen ihn aus einem politischen Motiv heraus angriffen und töteten. Obwohl Herr Götz den Jugendlichen als leicht angetrunken aufgefallen ist und eine Jugendliche ihn aus der Trinkhalle „Notenbank“ kannte, finden sich auch für potentielle sozialdarwinistische Motive keine Anhaltspunkte in der Akte. Zwei der Angeklagten sind vor der Tat zwar wegen extrem rechter Delikte auffällig geworden. Dies allein reicht aber nicht aus, um in der Tötung von Andreas Götz ein politisches Motiv zu erkennen. [3]

DAS GEDENKEN

Ein öffentliches Gedenken an Andreas Götz hat bislang nicht stattgefunden


[1] Moses Mendelssohn Zentrum, Abschlussbericht des Forschungsprojektes „Überprüfung umstrittener Altfälle Todesopfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt im Land Brandenburg seit 1990“, 2015, S. 95-99
[2] Ebd., S. 95
[3] Ebd., S. 95-99

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